Stahl Entwicklung: Erst runter, dann hoch
Der Rückgang der Stahlpreise ist der stärkste seit neun Monaten. Stahl wird wegen dem Absturz des Gaspreises günstiger produziert und verkauft. Entsprechend hoch sind die Chancen, dass der Warmbandpreis in Euro je Tonne bald mit einer sechs beginnt.
Stahl-Service-Center bekommen derzeit kaum etwas los. "Die Einkaufsaktivitäten der Endabnehmern und Händler wird in den kommenden Monaten verhalten bleiben", sagt ein Distributor laut Fastmarkets.
Der Stahlpreis für Warmband aus nordeuropäischen Hochöfen liegt aktuell bei 700 Euro je Tonne. Auf dem deutschen Markt sehe es so aus, dass der Preis bereits unter 700 Euro frei Werk Ruhr sei, mutmaßt ein Händler gegenüber Platts.
Eine Gasschwemme drückt auf die Stahlpreise. Der Gaspreis (es handelt sich um den für den europäischen Gashandel richtungsweisenden Terminkontrakt TTF) sank seit August 2022 von 338 Euro je Megawattstunde auf aktuell 31 Euro (-91%).
Neben Flachstahlherstellern hatten im letzten Jahr Langstahlhersteller die seinerzeit hohen Gaspreis angeführt, um die Verkaufspreise für Betonstahl und Walzdraht nach oben zu schrauben.
Seit August 2022, als der Gaspreis bei 338 Euro gipfelte, sank der Stahlpreis für Betonstahl ununterbrochen von 960 Euro auf 645 Euro (-33%).
Warmband hatte Ende November 2022 bei 610 Euro einen Boden gefunden. Es folgte ein Anstieg auf 860 Euro bis Ende März 2023. Seitdem geht es auch für diese Stahlpreisentwicklung runter.
Grafik einsehen: Stahlpreisentwicklung Betonstahl und Warmband
Industrie auf Schrumpfkurs
Der Konjunkturverlauf zwischen der Industrie und dem Dienstleistungssektor spreizt sich in Deutschland historisch weit auf. Im Service-Sektor florieren die Geschäfte. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Dienstleister ist bei hohen 58 Punkten.
Das Verarbeitende Gewerbe fristet hingegen ein Schattendasein. Hier ist der PMI bei 43 Punkten und damit sieben Zähler unter der Wachstumsschwelle.
"Bei einer anhaltend schwachen Konjunktur sehen wir bis in Herbst keine nennenswerte Erholung der europäischen Schrott- und Stahlpreise", prognostizieren die Experten der Deutschen Industriebank.
Der von der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV) ermittelte Lagerverkaufspreis für Stahlneuschrott (Sorten 2/8) lag im Mai bei 351 Euro. Das waren 33 Euro weniger als im April.
Fazit:
Die Zeit für einen Anstieg der Stahlpreise ist noch nicht gekommen. Auf den Preisen wiegt ein hohes Angebot. Stahl wird wegen dem Absturz des Gaspreises zu deutlich geringeren Herstellkosten produziert als im letzten Jahr.
Wegen der stumpfen Industriekonjunktur und den umsatzschwachen Hochsommer-Monaten dürften Stahlhersteller nicht in der Lage sein, höhere Preise durchzusetzen. Im Herbst gäbe es dann für Preiserhöhungen eine besseres Umfeld. Voraussetzung: Der PMI für das Verarbeitende Gewerbe erholt sich bis dahin auf 50 Punkte.