Der längerfristige Stahlpreis-Ausblick 2025

Die Stahlpreise steigen mit einer Verzögerung von durchschnittlich acht Monaten nach dem Begin eines Aufschwung der deutschen Industrie. Während die Industrie bereits auf Erholungskurs ist, fallen die Stahlpreise zunächst auf ein Tiefstand, ehe sie für 18 Monate steigen, lautet eine wertvolle Zusatzinformation.

Eine Auswertung der letzten zehn Jahre Stahlpreisentwicklung und der Lage im Verarbeitenden Gewerbe zeigt: Der längerfristige Prozess hin zu steigenden Stahlpreisen hat bereits begonnen. Hintergrund ist das Verarbeitenden Gewerbes.

Vergangenen Sommer 2023 war die Stimmung wegen sehr schwachem Auftragseingang auf einem Tiefpunkt im Verarbeitenden Gewerbe. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) setzte im Juli 2023 mit 38,8 Punkten ein Tief. Seitdem geht es aufwärts, wobei es im 1. Quartal 2024 noch einmal einen recht großen Dämpfer gab. So schlimm wie im Sommer ist es aber nicht.

Der Stahlpreis für warmgewalzten Stahl hat eine hohe Abhängigkeit von der deutschen Industrie. Trägt man auf einem Diagramm auf der linken Achse den Warmbandpreis ab und auf der rechten Achse den PMI, ist der Gleichlauf nicht zu übersehen.

Liniencharts Stahlpreis und PMI deutsche Industrie 2014-2024

Einer Stahlpreis Prognose der Metallberatungsgesellschaft MEPS zufolge, werden die europäischen Stahlpreise ihren Tiefpunkt im Mai 2024 setzen. Diese Vorhersage basiert auf den MEPS-Experten, die nach eigener Auskunft über langjährige Erfahrung in der Stahlindustrie verfügen und mit Entscheidungsträgern in den Stahlunternehmen in Kontakt stehen.

Der PMI steigt stets früher als der Warmbandpreis. Vor zehn Jahren war die Verzögerung, mit der die Stahlpreise schlussendlich anfingen zu steigen, besonders groß. Der PMI setzte seinen Tiefpunkt im November 2014. Der Warmbandpreis markierte sein Tief 13 Monate später bei 321 Euro.

Erheblich schneller ging es im Covid-Ausbruchsjahr 2020. Den Tiefpunkt für den PMI gab es im April. Dieses Mal musste sich die deutsche Industrie nicht aus einem konjunkturellen Rückschlag wegen Euro-Schuldenkrisen in Italien und anderenorts befreien, sondern wegen eines Virus-Wirtschaftsschocks. Dank noch üppigeren staatlichen Konjunkturprogrammen als nach der großen Finanzkrise 2008 ging das sehr schnell.

Der Warmbandpreis begann bereits zwei Monate später zu steigen. Ursache waren massiven Lieferkettenproblemen (Supply Chain). Die Regierungen der Industrieländer hatten so viel Geld in die Wirtschaft gepumpt, dass das Angebot von Waren und Dienstleistungen nicht mehr ausreichte. Das war wie in den ein bis zwei Jahren nach der Einführung der Deutschen Mark 1948, als Händler sich aussuchen konnten, an wen sie ihre Güter verkauften.

Plötzlich waren keine Lkw-Fahrer mehr da. Chinas Covid-Hafen-Quarantäne hat die Supply Chains gesprengt. Lange Lieferzeiten und knappe Verfügbarkeiten bei fast allen Vorleistungsgütern engte das Stahlangebot ein. Alle Stahlpreise begannen schnell und steil zu steigen.

Stahlpreis Prognose

Obwohl die Auswertung der Daten nahelegt, dass der Warmbandpreis überfällig für einen Anstieg ist, dürfte es noch etwas dauern. Das Kriterium, wonach der Stahlpreis im Anfangsstadium eines Industrieaufschwungs kurz auf ein Tiefpunkt fällt, ist noch nicht erfüllt. Insofern könnten die MEPS-Experten mit ihrer Einschätzung eines Tiefs für Mai 2024 recht haben.

Die Stahlpreise begännen im Juni 2024 längerfristig zu steigen. Das wären 11 Monate nachdem die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe ihren Tiefpunkt erreichte und läge deutlich über dem Mittelwert von knapp acht Monaten der beiden früheren Anstiegsverzögerungen.

Hat der Warmbandpreis den Tiefpunkt durchschritten, kommt es zu einem kräftigen Anstieg:

  • Von Dezember 2015 bis März 2017 (16 Monate) stieg der Warmbandpreis von 321 Euro auf 571 Euro (+67%).
  • Von Juni 2020 bis Juni 2021 (21 Monate) von 403 Euro auf 1.191 Euro (+196%)

Auf Grundlage dieser Auswertung steigt der Warmbandpreis bis Ende 2025 auf 1.392 Euro . Diese Prognose dürfte eher unterboten als überboten werden. Der durch die Covid-Konjunkturprogramme und massiven Lieferkettenproblemem ausgelöste steile Anstieg des Warmbandpreises auf 1.192 Euro treibt den Durchschnittswert hoch.

Für solche Fälle hat die Statistik den Median (Zentralwert) in ihrem Repertoire. Doch um einen ausreißerfreien Zentralwert zu bekommen, werden mindestens drei langfristige Anstiegsphasen von Warmbandpreis und PMI benötigt. Dafür muss man weiter als 2014 zurückgehen. Leider ist für diesen Zeitraum keine verlässliche Stahlpreisentwicklung auffindbar.