Stahlkäufer loten neue Chancen und Herausforderungen aus

22.08.24

Stahlkäufer loten neue Chancen und Herausforderungen aus

Der Stahlmarkt, insbesondere für warmgewalzten Stahl (Hot-Rolled Coil, HRC), befindet sich 2024 in einem dynamischen Wandel. Stahleinkäufer stehen vor der Herausforderung, ihre Strategien an die aktuellen Marktentwicklungen anzupassen, um Kosten zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dieser Artikel beleuchtet die wesentlichen Einflussfaktoren und gibt Handlungsempfehlungen.

Schwankungen der Stahlpreise im Jahr 2024

Die Preise für Warmband in Nordeuropa haben seit Jahresbeginn deutliche Schwankungen durchlaufen. Von einem Höchststand von 760 Euro pro Tonne im Januar 2024 fielen die Preise kontinuierlich und stabilisierten sich im August bei etwa 605 Euro pro Tonne. Die Entwicklung von Betonstahl (Rebar) zeigt ebenfalls eine Abschwächung. Nachdem die Preise im Februar noch bei 660 Euro pro Tonne lagen, sanken sie auf 615 Euro im August.

Betonstahl und Warmband Diagramme in einem Chart

Nachfrage und Stahlerzeugung

Die Nachfrage nach Stahl in Europa bleibt weiterhin schwach, insbesondere aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten im Verarbeitenden Gewerbe und Baugewerbe. Die Auftragsbestände im verarbeitenden Gewerbe wurden im August 2024 so stark abgebaut wie zuletzt vor sechs Monaten, was auf eine schwache Produktion und einen Rückgang der Stahlnachfrage hinweist.

"Diese Zahlen sind ein Desaster. Die Rezession in der deutschen Industrie hat sich im August vertieft, und eine Erholung ist nicht in Sicht", steht ferner im neuen Einkaufsmanagerbericht¹. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die deutsche Industrie sinkt auf ein 5-Monatstief bei 42,1 Punkte

Trotz der schwachen Nachfrage bleibt die Stahlerzeugung in Europa auf einem relativ hohen Niveau, was zu einem Überangebot führt und die Preise anhaltend unter Druck setzt.

Einfluss von Stahlimporten und Wechselkursen

Zusätzlichen Preisdruck erzeugen die Importe von Stahl aus asiatischen Ländern wie China, Vietnam und Japan. Durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um 4% seit Anfang August 2024 auf 1,12 werden diese Importe günstiger. Dies ermöglicht asiatischen Anbietern, Stahl zu wettbewerbsfähigeren Preisen auf den europäischen Markt zu bringen. Europäische Stahlwerke werden womöglich weiter Preise müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Lagerbestände und strategische Optionen

Die Lagerbestände europäischer Stahl-Service-Center und bei Endverbrauchern sind derzeit niedrig, da viele Marktteilnehmer auf weiter fallende Preise hoffen. Unternehmen verzichten daher weitgehend auf größere Bestellungen und kaufen nur das Nötigste, um sich gegen mögliche Preisverluste abzusichern.

Ausblick und Empfehlungen für Stahlkäufer

Die schwache Nachfrage und der Angebotsüberschuss bieten kurzfristig die Möglichkeit, von niedrigeren Preisen zu profitieren. Gleichzeitig sollten Einkäufer jedoch die Entwicklungen in der Produktion und in den Lagerbeständen genau im Auge behalten. Ein plötzlicher Anstieg der Nachfrage oder eine Reduzierung der Stahlerzeugung könnte die Preise rasch wieder nach oben treiben.

Es empfiehlt sich, eine flexible Beschaffungsstrategie zu verfolgen, die es ermöglicht, bei anhaltend niedrigen Preisen schnell zu reagieren, gleichzeitig aber auch auf mögliche Preisschwankungen vorbereitet zu sein.

¹Siehe HCOB Flash PMI® Deutschland, 22.08.24 (externer Link öffnet sich)