Service-Center blockieren Preisanstieg

Der Markt für warmgewalzten Stahl (Hot-Rolled Coil, HRC) bleibt angespannt und von zahlreichen Herausforderungen geprägt. Trotz eines anhaltenden Überangebots und schwacher Margen setzen Stahlwerke ihre Produktion fort, wobei ein bedeutender Anteil der Produktion „grüner Stahl“ ist, um CO₂-Zertifikate zu sichern.

Service-Center befinden sich derzeit in einer schwierigen Lage, da sie mit erheblichen Lagerbeständen konfrontiert sind, die sie abbauen müssen. Diese Bestände stammen aus vorherigen Einkäufen, die zu höheren Preisen getätigt wurden, als die Marktbedingungen noch günstiger waren. Jetzt, wo die Nachfrage gesunken ist und die Preise unter Druck stehen, sind Service-Center gezwungen, ihre Bestände zu niedrigen Preisen auf den Markt zu bringen, um Liquidität zu sichern und Platz für potenziell neue Lieferungen zu schaffen.

Dieser aggressive Lagerabbau hat jedoch einige negative Folgen:

1. Preisverfall: Durch den verstärkten Wettbewerb untereinander drücken die Service-Center die Preise weiter nach unten, da sie ihre Bestände schnell loswerden wollen. Das belastet den Markt zusätzlich und und steht einer Markterholung und steigenden Preisen entgegen.

2. Eingeschränkte Kaufkraft: Da die Service-Center ihre Bestände zu niedrigeren Preisen abverkaufen, verringern sich ihre Margen erheblich. Dies führt dazu, dass sie nicht in der Lage sind, neues Material zu den höheren Preisen zu kaufen, wie sie von den Stahlwerken angeboten werden.

3. Schere zwischen Angebot und Nachfrage: Während Stahlwerke ihre Preise aufgrund gestiegener Produktionskosten (z. B. für Energie und Rohstoffe) erhöhen müssen, können die Service-Center diese Preise nicht akzeptieren, da sie sich auf den Abverkauf ihrer alten Bestände konzentrieren. Diese Diskrepanz führt zu einem Ungleichgewicht (Mismatch) zwischen Angebot und Nachfrage, bei dem es an Käufern für neues Material mangelt.

4. Erschöpfung der Bestände: Langfristig könnte diese aggressive Strategie dazu führen, dass die Service-Center ihre Bestände auf ein kritisches Niveau reduzieren. Das könnte zu Engpässen führen, sobald die Nachfrage wieder anzieht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die hohe Lagerhaltung der Service-Center eine zentrale Ursache für die derzeitige lethargische Entwicklung ist. Sie behindert nicht nur ihre eigene Fähigkeit, Material zu neuen Preisen einzukaufen, sondern sorgt auch dafür, dass die Preiserholung insgesamt ins Stocken gerät. Ohne eine grundlegende Veränderung bleibt der Markt in einem angespannten Zustand.

Die Verkaufspreise der Stahlwerke für Januar-Lieferungen liegen je nach Hersteller zwischen 550 und 600 Euro pro Tonne ab Werk. Während kleinere Mengen oft zu höheren Preisen angeboten werden, seien niedrigere Preise für Großmengen ab 1.000 Tonnen realisierbar, sagt Fastmarkets.

Linienchart Stahlpreisentwicklung Ende 2020 bis Ende 2024 Warmband

Unsicherheit durch lange Vertragsverhandlungen

Die Verhandlungen über langfristige Lieferverträge mit Automobilherstellern (OEMs) laufen weiterhin schleppend. Einige Stahlwerke konnten bereits Verträge abschließen, die nur moderate Preisrückgänge verzeichneten, doch die Verhandlungen insgesamt gestalten sich schwierig.

Käufer hoffen auf Preissenkungen von 100-150 Euro pro Tonne für das erste Halbjahr und das Gesamtjahr 2025, während die Stahlwerke auf kleinere Anpassungen von 50-70 Euro oder sogar stabile Preise setzen. Die Verhandlungen werden voraussichtlich bis Januar 2025 andauern.

Fazit und Ausblick

Der Markt für warmgewalzte Coils in Nordeuropa befindet sich in einer kritischen Phase. Während die Käufer weiterhin auf sinkende Preise hoffen und die Service-Center versuchen, ihre Bestände abzubauen, sehen sich die Stahlwerke mit steigenden Kosten und einem schwierigen Marktumfeld konfrontiert. Ohne eine Reduzierung der Produktionskapazitäten und eine Stabilisierung der Nachfrage bleibt der Ausblick für den Markt ungewiss.